Sonntag, 6. Februar 2011

Prinzessin von und zu Sydney (und Umland)

Nach über einem Monat in Sydney komme ich endlich dazu, darüber zu schreiben. Man hat auch wirklich viiiieeel zu tun hier. Jedenfalls gibt es genug Ablenkung.

Nach unserem rasanten Flucht-Roadtrip und Silvester in der Wildnis kamen wir in der ersten Januarwoche im Großraum Sydney an und besuchten Tom, einen Bekannten von Gabriels Vater. Tom sieht aus wie der Weihnachtsmann und weiß ungefähr alles und war auch schon überall. Er lebt mit seiner Frau Robin – beide ehemalige Lehrer – und ihrem Sohn Kim und dessen Frau Koy aus Thailand in einem Haus mit viel Grün drum herum in einem Vorort von Sydney – eine Stunde Zugfahrt bis zum Zentrum.
Am ersten Abend wurden wir mit einer kleinen Familiengrillfeier begrüßt, zu der auch die bereits ausgezogene Tochter Jessy und deren Freund kamen. Der hat vor kurzem ein Musikvideo für den britischen Popstar Will Young gedreht. (Könnt ihr ja mal googlen, wenn ihr mögt.) Der hat ihn aber immernoch nicht bezahlt. Stellt euch das mal vor.

Am nächsten Tag fuhren Tom und Robin mit uns durch Nationalparks zu verschiedenen Aussichtspunkten rund um Sydney, sodass wir aus der Ferne schon mal einen Blick auf Sydney Harbour und den berühmten Bondi Beach werfen konnten. Ohne dass wir vorher etwas abgesprochen hatten, wohnten wir insgesamt etwa eine Woche kostenlos bei Tom und wurden super verpflegt. Angenehm, mal wieder in einem richtigen Bett zu schlafen.

Tom versuchte auch uns bestmöglich bei der Jobsuche zu unterstützen. Wir durchforsteten mehrere Internetseiten und Zeitungsannoncen und stellten fest, das Kellnerinnen bzw. Barpersonal am meisten gesucht wurde, also meldete ich mich für einen Responsible Service of Alcohol Kurs (kurz RSA) an, RSA Zertifikate sind nämlich für Personal vorgeschrieben, wenn eine Lokalität Alkohol ausschenkt.
Der sechsstündige Kurs war dem Umständen entsprechend sogar fast witzig. Der Tutor ist im Hotelgeschäft aufgewachsen und nun Besitzer einiger Bars und Pubs und plauderte allerhand von seinen Berufserfahrungen, um die von der Regierung angeordneten sechs Stunden rumzukriegen. Natürlich haben wir auch inhaltlich etwas neues gelernt, wobei man den Großteil der Testfragen auch mit gesundem Menschenverstand und Schulwissen beantworten konnte. Es ist noch nie jemand durch diesen Test gefallen, bei dem man auch sein „Lehrbuch“ zur Hilfe nehmen darf. Aber ich muss ehrlich sagen, dass der Kurs lehrreich war und man danach anders über seinen Alkoholkonsum nachdenkt. Betrunken heißt auf Englisch „Intoxicated“, was man auch als „vergiftet“ übersetzen kann. Jaha, da denkt mal drüber nach, Freunde!
Australien geht da ganz gut mit „intoxicated people“ um, finde ich. Sobald das Personal merkt, dass ein Gast betrunken oder angetrunken ist, darf er nicht mehr Alkohol serviert bekommen und muss aus dem Lokal verwiesen werden. Ohne Wenn und Aber.

Mit dem Zertifikat und Lebenslauf in der Hand bin ich dann mehrere Tage lang durch die Straßen gelaufen und habe mich bei verschiedenen Bars und Restaurants beworben. Mittlerweile hatten wir in ein Hostel im Viertel Newtown eingecheckt – nur zehn Minuten mit der Bahn bis zum Zentrum. Die Bewerbungen waren auch nach zwei Wochen erfolglos, was mich nicht abhielt Newtown ganz und gar wunderbar zu finden. Hier gibt es alles, was das Herz begehrt: viele junge Menschen, die alle ein bisschen anders sind und aussehen, als ob sie einen kleinen, witzigen Knacks haben, sich die Haare kunterbunt färben und sich für die schönen Künste interessieren und viele kleine tolle Secondhand-, Musik-, Mode-, Buch- und Kunstläden zwischen all den Cafés und Restaurants. Am Wochenende gibt es einen Flohmarkt ohne Plunder dafür mit echten brauchbaren Schätzen. Abseits der Hauptstraße – der King St – gibt es Parks und schmale Straßen von kleinen Häuschen mit Balkonen mit schnuckeligen, schnörkeligen Verzierungen an den Geländern. In der Hitze stehen die Haustüren offen und man kann bis ins Grüne im Hinterhof gucken. Ihr merkt, ich bin ein bisschen verliebt.

Die Leute im Hostel sind nett und witzig.(JAA! Der Schulaufsatz-Stil bleibt!) Die Jungs an der Rezeption kennen mich mit Namen und sind sehr hilfsbereit. Die meisten Gäste sind schon mehrere Wochen hier, weil sie arbeiten oder weil es hier einfach so schön ist. Ein Großteil der Gäste sind Deutsche, dann gibt es natürlich Franzosen sowie Engländer, Australier, Holländer, Italiener, Neuseeländer, eine Schweizerin, eine Kanadierin und den Iren Stuart, den aufgrund seines schönen Akzentes alle nur „Stööört“ nennen. (Nicht weil er stört, sondern weil er das so ausspricht.)

Gabriel und ich wohnen in einen Sechser-Zimmer, wo außer mir nur Jungs schlafen. Der Neuseeländer Mike wohnt hier schon seit mehreren Monaten, hat das Zimmer mit Postern dekoriert und arbeitet in der Spätschicht als Gabelstablerfahrer. Neuerdings redet er nicht mehr mit uns, weil wir vermutlich mit Sven unter einer Decke stecken. Sven wohnt auch bei uns im Zimmer, ist 29 und kommt aus Paderborn – ein Spaßvogel. Sein Fehler, er hat mit einem Mädchen gesprochen, in das Mike verliebt ist, nachdem er sich einmal mit ihr unterhalten hat. Tja, wo die Liebe hinfällt, da wächst kein Gras mehr. Oder so.

Vor ein paar Tagen ist der Franzose, der im Bett über mir schlief, ausgezogen. Wurde auch langsam Zeit, wenn ihr mich fragt. Der war nämlich ein komischer Kauz, davon konnte ich im Laufe der Zeit auch alle anderen Zimmerbewohner überzeugen. Frenchie hat nämlich nachts ganz laut rumgepupst und im Bett rumgewackelt und nicht auf mein „Salut!“ geantwortet. Da kenn ich nichts.

Heute morgen ist Zimmerliebling JD ausgezogen. JD ist kurz für einen indischen Namen, den er uns nicht verraten hat, viel zu kompliziert. Alle nennen ihn einfach JD. Seine Familie kommt aus Pakistan, er ist in Indien geboren und in Dubai aufgewachsen und bezeichnet sich als Australier. Hier lebt er nämlich schon seit ein paar Jahren und arbeitet als Studiotechniker in verschiedenen Musikstudios, früher in Byron Bay und zur Zeit macht er ein Praktikum in Sydney. Nach mehreren Wochen auf Wohnungssuche hat er nun ein Apartment gefunden, wo er ein Zimmer ganz für sich hat.
Heute sind zwei neue Jungs eingezogen, ein Deutscher und ein Asiate, der ein Auge auf Sven geworfen hat. Schon eine spaßige Angelegenheit, mit fünf Jungs zusammen zu wohnen. Nur nicht, wenn die rumpupsen und das durch den Ventilator an der Decke im ganzen Raum verteilt wird. Und scheinbar hat Mike auch ein Problem, wie lange ich dusche. Seine einzigen Worte zu mir waren nämlich „You're quite a princess, aren't you?“ als ich aus dem Bad kam und er fix hineingehuscht ist. Sollte vermutlich böse sein. Stört mich gar nicht. Bin ich halt ne Prinzessin. Tsss.

(Hier ist jetzt mal eine Zäsur [ooho, Fremdwort], weil ich memorieren muss, was noch so passiert ist. Ihr könnt euch ja mal einen Kaffee holen oder eine Toilettenpause machen)

2 Kommentare:

  1. hi,
    na, dann vergess mal nicht das visualisieren. danke für deinen bericht, bin ja gespannt was wir bei eva erleben werden.
    gruß

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  2. dein kings kross gefällt mir schon beim lesen. vielleicht kannst du uns nächste woche mal an all die schönen orte da führen. seit gestern sind wir im reisefieber.
    gruß mama

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